Auf der Flucht vor den Sonnenmassen

„Mann, Mann, ist das heiß heute… ich hör schon mein Herz wischen“, stöhnt sie. „Hörst du das auch..? Dieses Vorhof-Wischen?“

Ich muss lachen.

Wobei: zu heiß zum Lachen reicht es nur zum Glucksen. Und wenn ich „Notizbuch“ sage, kommt Schwitzbuch dabei raus.

Es ist die Saharasonne, sie verkocht einem die Sinne.

Von den vielen Wetterberichten der vergangenen Tage befinden wir uns in permanenter Rekorderwartungshaltung – schaffen wir die 40 Grad? Kriegen wir sie gebacken? Afrika bringt uns Menschen, Afrika bringt uns Sonne.  Das schattige West-Europa ist Vergangenheit.

Die Luft, wüstenschwer, verzerrt die Gesichter – Cro Magnon Menschen sind wir, die letzten Überlebenden auf der Flucht vor den Sonnenmassen.

Ich hab sogar im Bett meine seifigen Füße an.

Ein Nickerchen am späten Nachmittag. Als ich wach werde, läuft der Fernseher. Ein Western. Im Saloon stimmt ein Cowboy am Klavier einen Song an, dessen Intro ich sofort mitpfeife – innerlich. Ich komm aber nicht drauf, welches Stück das sein soll. Ich stecke noch halb im Schläfchen, und dann ist da plötzlich dieser Song, auf dessen Titel ich nicht komme, so etwas kann mich wahnsinnig machen. Die Gästeschar im Saloon fällt nacheinander in die Hymne ein, die sich mit jeder Sekunde steigert, (es geht Richtung Refrain), als die Gräfin vom Klo kommt und jäh stehen bleibt.

„He, du bist ja schon wieder wach!“

Sie schnippt temperamentvoll mit den Fingern.

„Was ist das denn noch mal…? Kenn ich doch..!“

Kurz bevor der schwärmerische Refrain einsetzt, sie hat die Lautstärke voll aufgedreht, fällt es uns gleichzeitig wie Schuppen auf die Big Hit-Single: SWEET CAROLINE, Neil Diamond:

GOOD TIMES NEVER SEEM SO GOOD.

„Da möchte man im offenen 57er Chevy sitzen“, ruft die Gräfin in die flimmernden Gitarren rein, „das Haar flattert im Wind, irgendwo im Herzen Amerikas, und niemand weiß, ob man je ankommt!“

8 Gedanken zu „Auf der Flucht vor den Sonnenmassen

  1. Wir sind an den Lago Maggiore geflohen. Dort steht die Hitze -, aber wir springen in den See, und für eine kurze Ewigkeit sind wir erlöst und treiben träge in der Strömung dahin, befriedet bis zum nächsten Landgang …
    Gruß Uwe

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  2. immer schön der Hitze ,dem Elektro-Smog und den Nachbarn zu entkommen ,die die Schulferien zu Hause verbringen,also im Haus.
    zurück von der Nordsee ein neues Namensschild auf Tür und Briefkasten „Herr Alswidan“.
    ich musste kurz schmunzeln , welch abenteuerliche Namen doch existieren bei den Afghanen.
    meine Weggezogene Nachbarin hatte mir beim Abschied noch verraten das noch ein Afghane hier einzieht mit Zahnspange
    alles was ich bisher gesehen hab waren Zwei Krücken und ein kaputter Fuss,mit mitte zwanzig schon.

    Nordsee tut besser.

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