Nachwort 25 Jahre Brandanschlag

1998, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in einer kommunalen Bau-Schreinerei. Es gab Hobelbänke und den ganzen Kram, Aufträge der Stadt gab es auch, unter anderem wurden Spielgeräte gebaut. Aber was nutzt das alles, wenn man zwei linke Hände hat.

Ich war nicht der einzige, der fehl am Platz war, zwei Jahre lang. Da war Mehmet, ein Türke, so alt wie ich, Mitte dreißig. Ein lockerer Vogel mit einem verschmitzten Lächeln und nur unzureichenden Deutschkenntnissen. Ab und zu versuchte er mir etwas zu erzählen, aber ich verstand ihn kaum.

Wir hatten dennoch so ein Spielchen, Mehmet und ich. Da uns täglich vor Augen geführt wurde, welch handwerklich tauben Nüsse man sich mit uns eingehandelt hatte, kultivierten wir unsere Ahnungslosigkeit noch und trieben es auf die Spitze.

„Na, Andreas“, rief Mehmet, wenn wir uns auf der sonnigen Rampe über den Weg liefen, die Hände tief in den Hosentaschen, „schön spazieren gehen… bla-bla.. machen..?“ Dabei spreizte er die Finger zum Peacezeichen. Das ganze brachte er so verschmitzt und selbstironisch rüber, dass er mich damit bis zum Ende unserer ABM-Zeit zum Lachen brachte, was wiederum ihn erfreute. Wenn Mehmet etwas hatte, dann den Schalk im Nacken.

„Na, Andreas, wieder schön spazieren gehen… bla-bla..?“

Mehmet hatte einen türkischen Kollegen, mit dem er viel Zeit verbrachte. Ich war überrascht, als man mir erzählte, dass die beiden sich erst während der ABM kennengelernt hatten. Manchmal fand ich die beiden in eine Zigarette vertieft, sie schwiegen sich an. Es war, als stünden sie unter einer besonders unheilvollen dunklen Wolke, als teilten sie ein Geheimnis.

Erst kurz vor Ablauf der ABM erfuhr ich, was da los war, was es mit Mehmet auf sich hatte. Seine Frau war eines der Opfer des Brandanschlags 1993. Beim Sprung aus dem Fenster hatte sie ihr Kind noch retten können, aber nicht sich selbst. Sie erlag ihren Verletzungen. Mehmet war in dieser Nacht nicht daheim gewesen, er hatte Schichtdienst gehabt.

Im Zuge des 25. Jahrestages wiederholte das Fernsehen Aufnahmen von der Trauerfeier, die kurz nach dem Anschlag für die Opfer abgehalten wurde. Ich erkenne Mehmet wieder, im Kreise der Großfamilie auf der Ehrentribüne. Trotz der Hitze, die Pfingsten 1993 herrschte, ist eine graue Decke um seine Schultern geschlungen, er ist starr vor Angst, wie ausgeblutet, fast in Trance.

Seine Frau ist tot, das Kind schwerverletzt.

Ich hatte ja keine Ahnung.

„Unser Türkenhaus brennt!“ Der Brandanschlag von Solingen

9 Gedanken zu „Nachwort 25 Jahre Brandanschlag

  1. wer weiss denn schon was da abgelaufen oder so-
    die Berichterstattung ist sehr einseitig dokumentiert
    was auch fragen nachsich zieht
    die bei der Beweisaufnahme schuldig blieben
    4 bubis .

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  2. bei uns im haus wurde ein 17 jähriges Mädchen gemeuchelt
    bei der festnahme nach 2tägiger flucht meinte der 17 jährige deutsch-Afghane nur nur
    ja ich hab eine deutsche gekillt
    in 4 jahren bin ich wieder drausse…

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    • Widerlich.
      In jeder Zivilisationen srtzt man derartige Gäste vor die Tür, nicht
      im „willkommens-schwangeren“ Buntland.

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  3. Pingback: Lesestoff - Ausgabe 169 - DenkfabrikBlog

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